Warum müssen erwachsene Kinder für die Pflege der Eltern zahlen?
Steigende Lebenshaltungskosten und erhöhte Lohnkosten in der Pflege sorgen für immer höhere Pflegekosten. Doch was passiert, wenn das zur Verfügung stehende Geld wie Rente und Ersparnisse nicht ausreicht, um die hohen Kosten für Unterbringung, Verpflegung und Betreuung im Pflegeheim zu decken?
Laut Gesetzgeber sind Ehegatten und verwandte Personen in gerader Linie unterhaltspflichtig – das gilt somit insbesondere zwischen Kindern und ihren Eltern. Allerdings sind seit 2020 nur noch Kinder mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro zum Elternunterhalt verpflichtet.
Kinder mit geringerem Einkommen müssen keinen Unterhalt an die Eltern zahlen, in diesem Fall übernimmt das Sozialamt anteilsmäßig die Pflegekosten. Doch das Sozialamt kann die „Hilfe zur Pflege“ rückwirkend von den Kindern zurückverlangen, und zwar dann, wenn die Eltern ihren Kindern vor der Sozialhilfebedürftigkeit Vermögen übertragen haben. In diesem Fall dürfen seit der Schenkung keine zehn Jahre vergangen sein. Außerdem kann das auch im Fall des Todes des Pflegebedürftigen der Fall sein, wenn er Schonvermögen ( z.B. eine eigengenutzte Immobilie) vererbt.
Aufgepasst: Das Sozialamt kann eine Unterhaltspflicht durch die Kinder prüfen und deshalb die Einkommensnachweise anfordern. Dies ist der Fall, wenn es ausreichend Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Einkommensgrenze überschritten wird. Das trifft auf Kinder mit hoher Position in einem einkommensstarken Beruf zu.
Wie wird der Elternunterhalt für die Pflege der Eltern berechnet?
Das Sozialamt bezieht das Jahresgesamteinkommen aus dem Einkommenssteuerbescheid der Kinder. Gewinne aus Kapitalvermögen, Vermietung oder Verpachtung von Immobilien, sowie selbstständiger Arbeit zählen zu den Einkünften.
In welcher Höhe Kinder verpflichtet sind, Elternunterhalt zu zahlen, lässt sich vorab in etwa selbst berechnen. Als Ausgangsgehalt dient das Jahresnettoeinkommen.
Vom Einkommen abziehbare Kosten sind unter anderem:
- Berufsbedingte Kosten wie z. B. Fahrkosten
- Vorsorgekosten wie private Krankenversicherung
- Krankheitskosten wie z. B. Zahnimplantate oder Sehhilfen
- Darlehen wie Baufinanzierungen bis zu einer bestimmten Grenze
- Aufwendungen für Besuche im Pflegeheim.
- Unterhaltspflichten gegenüber Ehepartner und Kinder.
Nicht abgezogen werden dürfen Kosten wie beispielsweise:
- Miete inkl. Nebenkosten
- Hausrat- und Haftpflichtversicherungsbeiträge
- GEZ-Gebühren
Vom Nettogehalt dürfen Kinder zudem einen Selbstbehalt von mindestens 2.000 Euro abziehen. Eine festgelegte Höhe des Selbstbehalts für den Elternunterhalt gibt es bis heute allerdings nicht. Auskünfte zum Selbstbehalt können betroffene Kinder beim Sozial- oder Finanzamt oder eventuell bei einem Steuerberater einholen.
Übrigens: Zum Elternunterhalt verpflichtet sind auch Kinder, die im Ausland leben und ein Jahreseinkommen über 100.000 Euro brutto haben. Für die Berechnung des Unterhalts werden Aspekte wie die Lebenshaltungskosten im Ausland berücksichtigt.
Wie hoch ist der Elternunterhalt für die Pflegekosten der Eltern?
Die Höhe des Elternunterhalts ergibt sich aus dem bereinigten Nettoeinkommen abzüglich des Selbstbehalts. Da kein genauer Betrag für den Selbstbehalt festgelegt ist, ist es sinnvoll, sich über den Selbstbehalt zu informieren und die Berechnung vorab selbst zu machen.
Was, wenn Pflegebedürftige mehrere Kinder mit einem Bruttojahreseinkommen über 100.000 Euro haben? In diesem Fall kommen alle Kinder anteilsmäßig für die Pflegekosten der Eltern auf! Lediglich Kinder mit geringerem Einkommen unter 100.000 Euro brutto/Jahr sind nicht zum Elternunterhalt verpflichtet.
Was kostet ein Platz im Pflegeheim?
Wie hoch die Kosten für einen Platz im Pflegeheim sind, ist je nach Bundesland, Heim und Pflegegrad verschieden. Grundsätzlich kommt jede Heimbewohnerin und jeder Heimbewohner für einen Teil der Pflegekosten selbst auf, den einrichtungseinheitlichen Eigenanteil. Die Höhe des Eigenanteils richtet sich nicht nach dem Pflegegrad, sondern ist für jede pflegebedürftige Person gleich. Zusätzlich anfallende Kosten für Unterbringung, Verpflegung, Geräte sowie weitere Gebühren müssen ebenso von den Pflegebewohnern getragen werden.
Die nachfolgende Tabelle zeigt die durchschnittlichen Eigenanteile (nach Leistung der Pflegepflichtversicherung) einschließlich Unterkunft, Verpflegung und anteiligen Investitionskosten im Pflegeheim bei Pflegegrad 2-5 nach Bundesland und Dauer des Heimaufenthalts.
Bundesland
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im ersten Jahr
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im zweiten Jahr
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im dritten Jahr
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ab dem vierten Jahr
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Bund
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2.576 EUR
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2.370 EUR
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2.095 EUR
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1.750 EUR
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Baden-Württemberg
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2.907 EUR
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2.649 EUR
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2.306 EUR
|
1.877 EUR
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Bayern
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2.478 EUR
|
2.257 EUR
|
1.963 EUR
|
1.594 EUR
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Berlin
|
2.459 EUR
|
2.229 EUR
|
1.922 EUR
|
1.538 EUR
|
Brandenburg
|
2.260 EUR
|
2.058 EUR
|
1.789 EUR
|
1.453 EUR
|
Bremen
|
2.740 EUR
|
2.530 EUR
|
2.249 EUR
|
1.897 EUR
|
Hamburg
|
2.385 EUR
|
2.220 EUR
|
2.001 EUR
|
1.727 EUR
|
Hessen
|
2.566 EUR
|
2.353 EUR
|
2.068 EUR
|
1.711 EUR
|
Mecklenburg-Vorpommern
|
2.263 EUR
|
2.058 EUR
|
1.785 EUR
|
1.443 EUR
|
Niedersachsen
|
2.273 EUR
|
2.094 EUR
|
1.855 EUR
|
1.557 EUR
|
Nordrhein-Westfalen
|
2.892 EUR
|
2.696 EUR
|
2.434 EUR
|
2.107 EUR
|
Rheinland-Pfalz
|
2.608 EUR
|
2.428 EUR
|
2.188 EUR
|
1.887 EUR
|
Saarland
|
2.981 EUR
|
2.746 EUR
|
2.432 EUR
|
2.040 EUR
|
Sachsen
|
2.381 EUR
|
2.171 EUR
|
1.891 EUR
|
1.540 EUR
|
Sachsen-Anhalt
|
2.017 EUR
|
1.843 EUR
|
1.611 EUR
|
1.320 EUR
|
Schleswig-Holstein
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2.452 EUR
|
2.271 EUR
|
2.030 EUR
|
1.728 EUR
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Thüringen
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2.284 EUR
|
2.099 EUR
|
1.851 EUR
|
1.542 EUR
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Pflegebedürftige erhalten seit dem 1. Januar 2024 von der Pflegepflichtversicherung einen Leistungszuschlag auf die pflegebedingten Kosten bei einem längeren stationären Aufenthalt in einem Pflegeheim, gestaffelt von
- 15 % des Eigenanteils an den Pflegekosten im ersten Jahr,
- 30 % im zweiten Jahr,
- 50 % im dritten Jahr bis
- 75 % bei einem Aufenthalt ab 36 Monaten.
Fazit: Private Pflegeversicherung als wichtige Vorsorge
Pflege im Alter ist trotz Rente und Erspartem für Heimbewohner nicht immer bezahlbar, sodass diese die „Hilfe zur Pflege“ vom Sozialamt in Anspruch nehmen müssen. Doch bevor die Kosten vom Amt getragen werden, geht es an die Rente und Ersparnisse der Heimbewohner und unter Umständen an das Vermögen der erwachsenen Kinder. Vor allem gutverdienende Kinder sind zum Elternunterhalt verpflichtet.
Wer seine Angehörigen entlasten will, sollte frühzeitig eine private Pflegeversicherung abschließen. Je nach Versicherer und Vertrag gibt es Optionen wie Pflegerente oder Pflegetagegeld. Sprechen Sie mit Ihrem MLP Berater bzw. Ihrer Beraterin, welche Optionen für Sie in Betracht kommen können.